Samstag, 10. September 2011

First Week

Aller Anfang ist schwer. Doch der Anfang war nichts im Vergleich zu meinem Koffer, definitiv. Da ich schon Probleme hatte, meinen Koffer von dem Sofa zu heben, hatte ich mir also nur zu Recht keine großen Hoffnungen gemacht, dieses Gewicht auch auf dem Flughafen zu bewältigen. Zum Glück aber stand mir die Muskelkraft gewisser Elternteile und meines Schätzeleins zur Seite. Auch wenn ein kleines Übergepäck nicht zu vermeiden war. Der Abschied war weniger tränenreich als erwartet, wenn auch nicht weniger schwer – und das nicht nur wegen des Koffers.
Klein-Schenni war also auf einmal ganz alleine auf dem Flughafen in Luxemburg und meine hart erarbeitete Coolness war wie weggeblasen. Und dabei war ich noch nicht einmal durch den Piepsrahmen gegangen. Meine größte Angst bestand hauptsächlich darin, dass mein Handgepäck – voll mit Schuhen – gegen irgendwelche Regeln der Fluggesellschaft verstoßen könnte. Schließlich hätte ich mit einem Absatz ja jemanden erstechen können. Allerdings haben die Männer in den blauen Jäckchen das anders gesehen – ihre einzige Sorge war, dass ich etwas in meiner Laptoptasche oder meinen Stiefeln (an meinen Füßen, wohlgemerkt) versteckt haben könnte. Zum Glück habe ich die siebenhundert Gramm Koks vorher herausgenommen! Die Schuhe musste ich also ausziehen und währenddessen (ja, ohne Schuhe) auch noch meinen Laptop vom Boden meiner Boardtasche kramen – die ja, wie erwähnt, voll gepackt mit Schuhen war. Und da die Drogen ja schon beseitigt waren, fanden die Männer in der blauen Jacke weder in meinen Schuhen noch in meiner Laptoptasche irgendwelche verdächtigen Gegenstände oder Rauschmittel. Dafür hat der dümmste Mann in der blauen Jacke aber den Reißverschluss meiner Boardtasche kaputt gemacht:

Er: „Oh, der Reißverschluss ist wohl gerade kaputt gegangen.“
Ich: „Scheiße!“
Er: „Das sagt man nicht.“
Ich: „Na schön, dann eben merde!“

Der hat Nerven, echt. Aber zum Glück war der dümmste Mann in der blauen Jacke einfach nicht sanft genug zu meiner Tasche gewesen. Nachdem ich mich nämlich wieder an dem Reißverschluss versucht habe, hat alles wieder funktioniert.
Nachdem ich mich anschließend durch das Labyrinth dieses eigentlich doch recht kleinen Flughafens durchgefragt habe und endlich im Flugzeug saß, war die ganze Aufregung mit einem Mal weg. Für fünf Minuten, ungefähr. Denn die Dame im Gang hat mich mit ihren blöden Handzeichen völlig verrückt gemacht. Wie war das noch mal mit der Rettungsweste? Am welchem Hebel muss ich ziehen um den Notausgang zu öffnen? Und warum zum Dementor hält diese Rettungsrutsche nicht mal Stöckelschuhen stand?
Na ja – so schlimm war es dann doch nicht. Aber es war doch aufregend das erste Mal alleine in einem Flugzeug zu sitzen, wenn es auch nur für eine Stunde war.
Nach dieser Stunde musste ich mich erst einmal wieder dem Problem Koffer widmen, das sich als gar nicht so problematisch herausgestellt hatte. Zusammen mit mir waren es vielleicht drei andere, die am Kofferband auf ihren Koffer warteten – genug Platz also für mich, um meinen Koffer vom Band zu hieven.
Am Flughafen hielt ich anschließend Ausschau nach dem Jemand, der einen Zettel mit meinem Namen darauf tragen sollte – den ich natürlich nicht ausfindig machen konnte. Ich schleppte also meinen Koffer, meine Boardtasche (voller Schuhe, um es nochmals zu erwähnen!), meine Handtasche sowie Jacke über den halben Flughafen (zumindest hat sich es so angefühlt) und schielte auf jeden Zettel, den irgendwer hochhielt, und das waren viele Zettel! Nach zehn Minuten Suche musste ich erst einmal eine Pause machen! Und nachdem ich wieder etwas zu Atem gekommen war, ging ich den ganzen Weg wieder ab – auch vom Ausgang der Gates, was mein Glück war. Denn da fand ich endlich den Zettel mit meinem Namen. Allerdings wurde der Zettel von einem Jungen gehalten, der ungefähr fünfzehn war. Da habe ich mich doch gefragt, wie dieser Knirps mich jetzt zu meiner Gastfamilie fahren will. Mit dem Fahrrad? Nein, zum Glück nicht. Sein Daddy arbeitete bei diesem Transferservice und wartete im Auto.
Es dauerte auch gar nicht lange, bis wir schließlich am Haus meiner Gastfamilie ankamen und um mal wieder auf das bekannte Thema zurück zu kommen: Die erste Reaktion von Victoria (die siebzehnjährige Tochter) auf meinen Koffer war „O, wow!“ Ja, ich weiß.
Das Haus ist relativ schmal, aber dafür sehr hoch und mein Badezimmer liegt auf der obersten Etage. Was das bedeutet, wissen ja möglicherweise manche. Alles ist eigentlich recht alt, aber irgendwie auch sehr schön. Es hat Charme und vor allem Charakter. Mein Zimmer ist klein, aber sehr gemütlich. Sogar ein Renoirposter hängt an meiner Wand. Und ich habe einen Fernseher, mit dreieinhalb Kanälen.
Jean, die Gastmutter, und Victoria sind wirklich sehr nett. Als ich ankam, hatte ich vor allem durst und war müde. Da ich aber nicht mit leerem Magen ins Bett sollte, hat mir Jean noch einen Apfel aus dem Garten geschnitten – was ich ganz herzallerliebst fand! Misty, die Katze, ist wesentlich freundlicher als gewisse andere Katzen und sehr schmusebedürftig.
Das Bett ist– bisher – wirklich bequem und die erste Nacht war demnach auch sehr angenehm. Am Morgen habe ich dann erst einmal gefrühstückt (Vollkornbrot, Halleluja!) und anschließend meinen Koffer ausgepackt. Ich frage mich, warum in meinen Kleiderschrank zu Hause immer so wenig hinein passt. Hier passt jedenfalls alles wunderbar! Genügend Platz um für noch ein bisschen mehr Übergepäck zu sorgen.
Um möglichen Interessierten zu Hause schließlich auch zu berichten, dass ich heil angekommen bin, wandte ich mich meinem lieben Laptop zu – der allerdings schon auf Notstrom lief, könnte man sagen. Stromkabel also schon bereit, merke ich, dass der Stecker davon gar nicht in den Adapter passt. Nach einer kurzen Panikattacke und zweimaligen Telefonaten mit Mami ist nun ein passender Adapter auf dem Weg zu mir. Was sich aber auch schon wieder erledigt hat, denn Jean hatte noch eine ganze Sammlung von Adaptern, worunter sich auch einer befand, der zu meinem Stecker passte. Allerdings habe ich davon erst erfahren, als sie abends von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Nun ja, jetzt hab ich eben zwei Adapter. Wenn man von etwas nicht genug haben kann, dann ja wohl davon!
Mittags habe ich den Richmond Park besichtigt, oder zumindest einen Teil davon. Der Park ist riesig und wahnsinnig natürlich! Mal abgesehen von den Bäumen und dem Gras, stand da auf einmal eine Herde Rehe vor mir. Mein erster Gedanke war „Tollwut!“, bis ich dann gesehen habe, dass die Tiere ganz friedlich im Gras lagen und mich blöd anglotzten. Ein Mann ist um sie herum geschlichen und hat wild fotografiert (im wahrsten Sinne des Wortes, haha) und sogar ein Papa mit Kinderwagen (und Kind) beobachteten die Rehe aus der Nähe. Da muss man schon nach London fahren, um Rehe in freier Wildbahn zu sehen. Wer hätte das gedacht!
Anschließend hab ich mich auf der Hauptstraße auf die Suche nach dem Shop gemacht, der mir eine Oystercard verkauft – leider erfolglos. Auch meine Praktikumsstelle konnte ich nicht finden. Dafür habe ich aber ein Schinken-Käse Sandwich gekauft!
Es war ein ganz schön warmer Tag und nach zweieinhalb Stunden Fußmarsch war ich doch recht froh, wieder zu Hause zu sein (das ich ohne Orientierungsschwierigkeiten wieder gefunden habe – Applaus bitte!). Noch immer ganz alleine daheim, hab ich mich zu Misty in den Garten gesetzt und mich einem Buch gewidmet. Wirklich sehr entspannend!
Sonntag war ein Tag voller Erfolge. Nicht nur, dass ich ganz alleine und ohne mich zu verlaufen (Betonung!) den Weg nach Central London gefunden habe, ich habe sogar den Tubeplan durchschaut. Ich war so stolz (und bin es ehrlich gesagt immer noch). Aufgrund eines gewissen Geburtstagsgeschenkes habe ich auch meine erste Aufgabe erledigt: ich habe die Queen besucht. Am Buckinghampalace war wie zu erwarten die Hölle los. Und da wider erwarten die Sonne schien, hab ich im St. James Park gefaulenzt – und mir gleich mal eine schöne Erkältung geholt. Wer konnte auch ahnen, dass das Gras nass war? Ich jedenfalls nicht. Das habe ich erst bemerkt, als ich nach einer halben Stunde einen nassen Popo hatte.
Der Erfolg ließ noch nicht nach – ich habe den Weg sogar wieder zurück gefunden!

~

Das waren zumindest einmal die ersten zwei Tage. Clever wie ich nun mal bin, habe ich natürlich gleich am zweiten Tag meinen Laptop getötet (der jetzt zum Glück wiederbelebt wurde!) – deshalb arbeite ich in diesem Blogeintrag auch meine erste Woche ab, damit alles wieder passt.
Montags begann mein Praktikum bei einer Designerin und ich muss sagen, ich habe es mir wesentlich anders vorgestellt. Meine Chefin ist wirklich sehr nett, aber meine Aufgaben haben sich mehr als nur in Grenzen gehalten – sowohl was den Spaß als auch die Menge der Aufgaben angeht. Das hat sich leider die ganze Woche über kaum geändert und das einzig Gute an der Zeit, die ich dort verbracht habe, war das Internet, das ich dank weniger Aufgaben ständig benutzen konnte. Ich habe mir eingeredet, dass es schon irgendwie werden wird – ich mache mir die Zeit einfach schön. Aber Donnerstagabend war ich dann letztlich so verzweifelt und habe lange mit meiner Gastfamilie geredet, um schließlich zu dem Schluss zu kommen, dass ich unbedingt eine neue Praktikumsstelle brauche! Freitagmorgen habe ich dann gleich eine Email an die Vermittlungsagentur geschickt und ihnen offenbart, wie unglücklich ich mit meinem Praktikum bin. Und tata – am Montag habe ich ein Interview zu einer eventuell neuen Praktikumsstelle. Also drückt ja schön die Daumen!
Heute, Samstag, ließ meine Erfolgssträhne noch nicht nach. Mit drei Stadtkarten ausgerüstet habe ich die DHL-Station ausfindig gemacht und sogar meine eventuell neue Praktikumsstelle – sehr imposant! Sowohl die neue Praktikumsstelle als auch der Weg zur DHL-Station. Nicht nur, dass DHL offenbar eine komplett weltfremde Definition des Wortes „Express“ besitzt, sie scheinen es generell zu mögen, nicht erreichbar zu sein. Glücklicherweise habe ich aber endlich mein Paket erhalten und somit auch mit Hilfe meines Schätzjens meinen Laptop repariert.

Nicht gerade proportional habe ich jetzt die ersten zwei Tage recht ausführlich beschrieben, die restliche Woche dagegen eher knapp. Aber besondere Umstände erfordern nun mal besondere Maßnahmen – oder so. Es war auf jeden Fall eine sehr nervenaufreibende Woche!

Wie oft ich Einträge zu meinem Blog verfasse, kann ich noch nicht sagen. Ich denke, ich mache es von meinen Erlebnissen abhängig ;)


Bye, bye my dears
JasminMCsb - 11. Sep, 17:07

mein liebes schnievieh :)
also, um hier was kommentieren zu können, ich sag dir... ein kampf!
Haha, an alle Schuhe gedacht und den Adapter vergessen :D :D
guter anfang!
Ich freu mich, dass du gut angekommen bist und du dich wohl fühlst!
Schreib uns jeeeden tag <3
und wenn es nur die liste deines mittagsmenüs ist :)
für dein bewerbungsgespräch dück ich dir gaaanz fest die däumchen <3
see you in london :)
best wishes

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